In der Mainzer Erklärung „Prostitution: Weder Sex noch Arbeit!“ (04.04.2019) wird die Bundeskanzlerin, die Regierung und der Bundestag aufgefordert, Sexkauf und Bordellbetrieb zu verbieten und Programme zu entwickeln, die Opfern von Prostitution Ausstiegsmöglichkeiten bieten.
Das Prostitutionsgesetz (ProstG) impliziert, dass Prostitution „ein Beruf wie jeder andere“ sei.
Im Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten (Prostitutionsgesetz – ProstG) heißt es in § 1:
„Sind sexuelle Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt vorgenommen worden, so begründet diese Vereinbarung eine rechtswirksame Forderung. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Person, insbesondere im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses, für die Erbringung derartiger Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt für eine bestimmte Zeitdauer bereithält.“
ProstG § 3 (1) Weisungen, die das Ob, die Art oder das Ausmaß der Erbringung sexueller Dienstleistungen vorschreiben, sind unzulässig.
Das ProstG, ebenso wie wie der Begriff „Sexarbeit“, der häufig in den Medien verwendet wird, ignoriert die von Zwang und Gewalt geprägte Lebensrealität von Prostituierten. Prostitution ist sexuelle Ausbeutung. Prostitution ist Machtmissbrauch. Prostitution ist Gewalt.
Gewalterfahrungen beginnen meist schon sehr früh im Leben späterer Prostituierte. In der Ursprungsfamilie.
Ein Kind, dass ist einem vernachlässigenden und/oder gewälttätigen Umfeld aufwächst, wird nach heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits früh in seinem Leben durch Bindungs- und/oder Gewalttraumata traumatisiert werden.
Traumabezogene Dissoziation unterbricht die Wahrnehmung. Die Verbindung zwischen Gedanken, Gefühlen, Körperempfindungen und Identitätsgefühl geht verloren. Emotionale und körperliche Taubheit gehört zum Überlebensmechanismus des Organismus im Moment größter Gefahr.
Traumabezogene Dissoziation bleibt auch bestehen, nachdem das traumatische Ereignis vorbei ist und verursacht typische traumabedingte Reaktions- und Verhaltenmuster. Unbehandelte Traumafolgestörungen machen es den Betroffenen im späteren Erwachsenenalter durch traumabedingte Reaktions- und Verhaltenmuster schwer, eigene freie Entscheidungen im Sinne einer guten Selbstfürsorge zu treffen. Wer mit Gewalt, ganz gleich in welcher Form, aufgewachsen ist, wird sich auch als Erwachsene gehäuft in destruktiven Beziehungen und gewaltgeprägten Lebenssituationen wiederfinden.
TraumatherapeutInnen haben nun einen Appell an die Bundesregierung gerichtet, dem sich KollegInnen aus Medizin und Psychotherapie mit Erfahrungen in der Arbeit mit traumatisierten Menschen, anschließen können.
Die Psychotherapeutin Dr. Ingeborg Kraus hat außerdem die Petition „Sexkauf bestrafen, Prostitution abbauen!“ initiiert, in der sie die Bundeskanzlerin Angela Merkel, den Bundesaußenminister Heiko Maas, die Justizministerin Katharina Barley und die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Franziska Giffey auffordert, u.a. eine rechtliche Grundlage für ein Sexkaufverbot zu schaffen, um die Benutzung von Frauen als sexuelle Ware zu beenden.
Auf der Website von TRAUMA AND PROSTITUTION werden zahlreiche Informationen zur Verfügung gestellt. In dem Artikel Gegen den Hass – Nordisches Modell jetzt! wird beschrieben, welchen Formen von Gewalt Prostituierte täglich ausgesetzt sind und erläutert psychische und körperliche Auswirkungen von Prostitution.
TraumatherapeutInnen haben schon im Jahr 2014 in dem Artikel „TraumatherapeutInnen gegen Prostitution!“ in der Zeitschrift EMMA öffentlich Position gegen die sexuelle Ausbeutung von Frauen und Mädchen durch Prostitution bezogen.
„Prostitution ist demütigend, quälend, ausbeutend.“
In dem Artikel „Was Prostituierte der Therapeutin erzählen“ (EMMA, 2014) beschreibt Dr. Ingeborg Kraus anhand von Fallbeispielen aus ihrer psychotherapeutischen Praxis in der Lebensgeschichte begründete Ursachen, die Frauen, scheinbar „freiwilig“, in die Prostitution zwingen.
Die ehemalige Prostituierte Sandra Norak erzählt in „Die Würde des Menschen ist antastbar“ (EMMA, 2019), dass sie als Kind mit Vernachlässigung aufwuchs und als 15-jährige im Internet einen verdreckten Zuhälter kennenlernte. Für den „Loverboy“ musste Norak sich prostituieren und erlebte im Bordell 6 Jahre lang die Hölle.
Durch die Verabschiedung des Prostitutionsgesetz (ProstG) wurde Deutschland zur Drehscheibe des internationalen Sexsklavenhandels in Europa. Die ZDF-TV-Dokumentation „Bordell Deutschland: Milliardengeschäft Prostitution“ beleuchtet die Folgen der „liberalsten Prostitutionsgesetzgebungen Europas“.
Im Verein Sister e.V. engagieren sich eine Sozialarbeiterin, eine Politikerin, eine Gewerkschafterin, zwei Journalistinnen, eine Psychologin sowie eine „freiwillige“ (Ex)Prostituierte für den für den Ausstieg von Frauen (und Männern) aus der Prostitution. Die Mitglieder von Sisters e.V. unterstützten Prostituierte auf ihrem schweren Weg des Ausstiegs, sind AnsprechpartnerInnen für Politik und Medien, arbeiten an bundesweiter Vernetzung und sind Mitglied bei Coalition for the Abolition of Prostitution (CAP International).
Für UnterstützerInnen:
Der Appell: TraumatherapeutInnen gegen Prostitution!
Die Petition: Sexkauf bestrafen, Prostitution abbauen!