Fonds Sexueller Missbrauch | Drei-Jahres-Frist für Abrechnung bewilligter Leistungen

Der Bundesrechnungshof hatte das Bundesfamilienministerium aufgefordert, die bisherige Praxis der unbefristeten Leistungsbewilligung des Fonds Sexueller Missbrauch (FSM) zu beenden. Bewilligte Leistungen müssen zukünftig innerhalb von drei Jahren abgerechnet werden. (Link s.u.)

Die Beendigung der unbefristeten Leistungsbewilligung kann unter bestimmten Umständen dazu führen, dass das bewilligte Leistungsbudget von Betroffenen nicht vollumfänglich in Anspruch genommen werden kann.
Im Verlauf einer ambulanten Traumatherapie können schwerwiegende Umstände auftreten, aufgrund dessen bewilligte Leistungen nicht innerhalb einer Drei-Jahres-Frist abgerechnet werden können.

Bei wöchentlichen Therapieterminen reichen die Unterstützungsleistungen des FSM in Höhe von 10.000 Euro für die Finanzierung einer ambulanten Traumatherapie für einen Zeitraum von ca. 2,5-3 Jahren.
Es können Gründe vorliegen, bei denen es einer PatientIn nicht möglich ist, mit wöchentlichen Therapieterminen in einer Traumatherapie mitzuarbeiten. Beispielweise kann die psychische Belastung in der Arbeit an schwierigen Themen von der PatientIn (noch) nicht wöchentlich geleistet werden oder es können zeitliche Ressourcen fehlen (z.B. Kinderbetreuung, Job).
Eine ambulante traumatherapeutische Behandlung mit 14-täglichen Therapieterminen verdoppelt dann aber die zeitliche Dauer der Therapie und geht somit weit über die Drei-Jahres-Frist hinaus.

Bei der Behandlung von komplexen traumabezogenen dissoziativen Störungen kann eine ambulante Traumatherapie unterbrochen werden durch Zeiten, in denen die PatientIn sich in einer stationären Behandlung befindet.
Klinikaufenthalte können wiederholt für akutpsychiatrische Behandlungen notwendig sein oder als Intervallbehandlung in einer traumatherapeutischen Fachklinik mit jährlichen Behandlungszeiten von bis zu 3 Monaten oder länger stattfinden. Krankenhausaufenthalte für die Behandlung von körperlichen Leiden, die im Zusammenhang mit frühkindlichen interpersonellen Traumatisierungen stehen können (z.B. Folgen von körperlichen Misshandlungen), können hinzukommen.

Ein TherapeutInnenwechsel kann erforderlich werden, wenn die PatientIn für ihre äußere Sicherheit in eine andere Stadt umziehen muss. Die Wartezeiten auf einen Therapieplatz am neuen Wohnort können die durch Hilfeleistungen des FSM finanzierte ambulante Traumatherapie für etliche Monate oder auch deutlich länger unterbrechen.

Der Beschluss, die unbefristete Leistungsbewilligung zu beenden und durch eine Abrechnungsfrist zu ersetzen, mag aus juristischen, finanzpolitischen oder anderen Gründen unvermeidbar gewesen sein.
Aus traumatherapeutischer Sicht stellt eine Befristung des Abrechnungszeitraums auf 3 Jahre eine unzumutbare Härte gerade für die Betroffenen dar, denen es im Zusammenhang mit ihren komplexen Traumafolgestörungen nicht möglich ist, bewilligte Hilfeleistungen in der üblichen Zeit abzurufen.
Die Abrechnungsfrist sollte zumindest um eine Ausnahmeregelung ergänzt werden für Fälle, bei denen nachweislich zwingende Gründe (s.o.) dafür vorliegen, dass die Hilfeleistungen nicht innerhalb der Drei-Jahres-Frist abgerechnet werden können.


zum Weiterlesen:

Dreijährige Abrechnungsfrist für bewilligte Leistungen – Fonds Sexueller Missbrauch (29.07.2024)